Ausgestreunert…

Nach 89 Tagen sinnfreiem Hirnverlust und Kulturverfall geht es Heute tatsächlich zurück nach Deutschland. Zumindest solange nicht noch irgendein Vulkan beschließt sich spontan zu übergeben.  Da das USA Visum Morgen abläuft, müssten wir in diesem Fall zum Terminalstreuner ala Tom Hanks umschulen.

Auch unser Wohnklo haben wir wider Erwarten für mehr als eine halbe Portion Currywurst verkaufen können und Gary wird wohl – im Gegensatz zu uns – noch eine Weile die Straßen Amerikas unsicher machen. Der Verkauf war, wie schon damals der Kauf, recht abenteuerlich. Es scheint ganz so als wären die Hauptinteressenten für diese Fahrzeuggruppe Hillbillies oder sonst irgendwie nicht ganz dicht im Schuppen. Nachdem wir also unter Beschuss von ein bis zwei Kilo Grillhähnchen (wer führt auch schon Verhandlungen ohne dabei ein halbes Huhn zu verschlingen) Verkaufsgespräche geführt, dubiose Scheckangebote ausgeschlagen und einige viel zu niedrige Angebote verworfen hatten, war es Zeit für unsere eigentliche Zielgruppe: besoffene Brasilianer. Auch hier waren die Verhandlungen nicht ganz einfach – man könnte sie vielleicht auch benebelt nennen – aber im Endeffekt haben wir die Kiste verkloppt.

Die neuen Besitzer wollen Gary schwarz streichen, ihn auf  „The Predator“ umtaufen und ihn bis nach Alaska lenken. Wir wünschen ihnen vor allem gutes Wetter (oder eine Menge Handtücher), denn die Aktion könnte ins Wasser fallen. Gary ist nämlich ganz wie seine ehemalige Besatzung nicht ganz dicht. In diesem Sinne: Gary, the Predator, we salute you! Over and Out.

Back to the Strip

Wider Erwarten haben wir es tatsächlich geschafft unseren Gary auf eigener Achse und allen Rädern zurück nach USA zu bringen. Sogar das Schneckenhaus sitzt noch da wo es hingehört und bis auf ein paar sturzbachartige Wassereinbrüche bei dem ein oder anderen Gewitter hat Gary die 23,000km gut gemeistert. Nach der Zeit in Mexiko gabs bei der Wiedereinreise in die USA erstmal zusätzlich zum üblichen Grenzterror einen ordentlichen Kulturschock. Aus ruppigen Dirttracks wurden plötzlich zehnspurige Autobahnen, aus freundliche Mexikaner misstrauische Amis und statt den 46 Grad im Schatten, die uns in Mexicali die Hirne gekocht haben, waren es nur noch 18. Außerdem ist hier gerade noch der Patriotismus am überkochen, denn dieses Wochenende ist „Independence Day“. Aber genug von Amerika, nach 8 Wochen Mexiko ist es Zeit für einen kurzen Abriss über das Land der Kakteen.

Was man über Mexiko wissen sollte:

Mexikaner sind permanent betrunken und schaffen es ohne Probleme den deutschen Bierkonsum in den Schatten zu stellen. Wer kann es ihnen auch verübeln bei Aussentemperaturen, die einem erlauben abends um acht Uhr ein Spiegelei auf dem Asphalt vorm Haus zu garen. Bier gibt es selbst in Orten, die keine ganze Fussballmannschaft zusammen bekämen. Es ist immer eiskalt und wird bevorzugt aus der 1,2 Liter Flasche genossen. Warum auch mit weniger zufrieden sein, wenn man mehr bekommen kann.
Mexikanische (toll-free) Straßen sind beschissen und sofern sie asphaltiert sind, voll mit Schlaglöchern der Größe eines Nissan Micra. Sind sie nicht asphaltiert, haben sie meistens fiese Querrillen, die für Mixer-Feeling sorgen. Dafür sind die Schlaglöcher aber dann größer. Damit man nicht vor die Problematik gestellt wird, wohin man fahren soll, haben die Mexikaner konsequent auf Beschilderung verzichtet. Sollte man doch auf Schilder treffen, zeigen sie in die falsche Richtung. In diesem Zusammenhang ist es besonders empfehlenswert, wie wir keine richtige Karte zu besitzen und sich mit einer ADAC Übersichtskarte durchzuschlagen. Geschwindkeitsbegrenzungen müssen übrigens grundsätzlich ignoriert werden und ergeben in 90 Prozent der Fälle auch soviel Sinn wie eine Winterjacke in der Sahara.
Mexikaner mögen laute Musik. Besonders dann, wenn es eine abgedrehte Form von Schlager in Verbindung mit Blasmusik ist. Die Lautstärke der Musik ist dann genau richtig, wenn man nicht mehr verstehen kann was sein Nebenmann an Weisheiten von sich gibt. Politiker werden auch nur als solche akzeptiert, wenn sie ihre Wahlwerbung  auf oben beschriebene Art in Songs verpacken und dann mit Megaphonen durch die Straßen plärren.
Auf den ersten Blick kommen einem auch die mexikanischen Einheiten bekannt vor: Meter und Stunde hat man ja auch in Europa schonmal gehört. Allerdings scheinen die Zahlen hier anders geordnet zu sein. Fährt man auf einen Ort zu, ist man laut Straßenschild zuerst 100km entfernt, dann 130km und dann plötzlich 90km. In Wirklichkeit sind es wahrscheinlich 200km und die Boys vom Straßenverkehrsamt waren wahrscheinlich mal wieder zu betrunken. Vielleicht hängt die Sache aber auch mit der mexikanischen Stunde zusammen, die scheinbar etwa doppelt so lange ist wie ihr europäisches Pendant. Die Zeit, die in Hängematten gegammelt oder sonstwo gepennt wird, zählt man einfach nicht mit. Am Straßenrand im Schatten liegende Mexikaner sind übrigens nicht tot, oder wie amerikanische Penner im Crystal Meth Koma, sondern einfach am Päuschen machen. Herzinfarkte kommen hier jedenfalls mit Sicherheit selten vor und von Stress hat hier auch noch keiner gehört.


Außerdem und mit Sicherheit nicht zu letzt sind Mexikaner die gastfreundlichsten und nettesten Leute, die mir bis jetzt begegnet sind. Wir haben mehr als einmal Hängematten oder Stellplätze zum Übernachten angeboten bekommen, durften uns vor Restaurants breit machen und deren Klos benutzen, es wurde uns Essen geschenkt und das ein oder andere Bier angeboten. Wir wurden eigentlich überall freundlich empfangen und können bis auf die paar Kackaktionen mit den Cops und dem Militär kaum etwas negatives berichten. Die Sicherheitslage ist nochmal eine andere Sache. Wir wurden mehr als einmal auch von Einheimischen für völlig bekloppt erklärt, als wir von unserer Route berichtet haben. Überfälle und Straßensperren scheinen auf einigen Straßen (früher?) wirklich häufiger vorgekommen zu sein. Mittlerweile ist allerdings die Militärpräsenz dermaßen gesteigert, dass wir zumindest keinerlei Probleme (mit Kriminatlität) hatten. Dafür hat uns dann das Militär aber ständig genervt. Alles in allem ein mehr als gelungener Trip! Viva Mexico!

P.S. Wir gammeln übrigens im Moment in LA und heute hieß es: Öttinger Boyz go Hollywood! Wir haben auch prompt unseren Lieblingsstar am Promihimmel des Sunset Strip entdeckt: Joe Penner! Ansonsten gibts bei eisigen 20 Grad wieder das übliche Amerikaprogramm. Gute Skateparks, Geschmacksexplosions-Soft Drinks und jetzt noch der Verkauf von unserer rollenden Hütte.

ACAB / Karl der Cop reloaded

Breitbeinig trat Karl der Cop auf seine Veranda und betrachtete sich bewundernd in einer Pfütze auf dem Gehweg. Er zog seinen Hängebauch ein und versuchte sich noch etwas breiter zu machen. In seiner Uniform fühlte er sich stark und mächtig. Stark und mächtig wie an dem Tag als er der Polizei von Tabasco beigetreten war. Karls Unterhose zwickte und er verfluchte seine Mutter, die ihm schon wieder nicht die bequeme Unterwäsche rausgelegt hatte. Hätte er es doch bloß noch bis zur Toilette geschafft am Vortag. Dann wäre seine Lieblingsunterhose jetzt nicht in der Wäsche.
„Karlchen.Vergiss deine Brote nicht!“ Karls Mutter stand in der Tür und winkte mit seinem Frühstücksbrot. Wortlos nahm er die Tüte und ging zu seinem Dienstwagen. Die Unterhose zwickte nicht mehr. Er wusste, heute würde ein guter Tag werden…


Tja, ich schätze mal, wir haben dafür gesorgt, dass Karl einen guten Tag hatte. Auf dem Rückweg nach Acapulco sah uns Karl bei der Ortsdurchfahrt von Puebla und zog uns raus. Zuerst war es nur eine ganz gewöhnliche Kontrolle, genau wie viele andere davor. Aber es wurde recht schnell klar, dass Karl sich ganz gerne noch etwas Geld dazu verdienen würde. Nachdem er Gary und seine Papiere ausführlich kontrolliert hatte und nichts finden konnte, hat er sich einfach kurzerhand etwas erfunden. Unsere „Permiso de Importacion“, die wir für Gary extra beantragt haben wäre von dem Grenzbeamten falsch ausgefüllt worden und deshalb ungültig. Lange Rede, kurzer Sinn: 4500 mexikanische Eier  (ca 300 Euro) Strafe oder Knast.
Also geht wieder das übliche Rumdiskutieren los und Karl, der unbefriedigste und dickbäuchigste Streifencop vom Grünflächenamt Puebla, lässt uns erst abziehen als er sich sicher ist, dass er all unser Bargeld (ca 750 Pesos) als Bestechung eingesackt hat. Es ist ja nicht so, dass wir zum ersten Mal mit Knast und Strafen konfrontiert sind, aber dieses Mal waren wir ausnahmsweise unschuldig. Ich hoffe, dass Rissen mit seiner Karma Theorie Recht behält und der gute Karl in den nächsten Tagen an seinem Frühstücksdonot erstickt ist oder sich wenigstens einen Tripper bei seiner Lieblingsnutte eingefangen hat.

Damit Karl auch kein Schwerenöter entwischt, fährt ein Großteil des Grünflächenamtes den neuesten Charger. Außerdem sorgt das für soziale Gerechtigkeit, während der Rest der Bevölkerung Pferdekutschen bewegt....

Glücklicherweise ist seit dem „Karl Incident“ eigentlich nichts mehr in dieser Richtung vorgefallen und je weiter wir wieder Richtung Norden kommen, desto öfter werden wir auch wieder bei Kontrollen durchgewunken. Könnte allerdings auch daran liegen, dass die Mexikaner der Meinung sind, dass drei Muchachos in einem Bus völlig ohne Muchachas auf jeden Fall schwul sind und somit keine Bedrohung darstellen – Slider Style eben.

Danger on the tracks

Cancun stinkt. Macht aber nix, wir haben ja sowieso Stadtverbot. Damit der amerikanische Otto-Normaltourist sich auch wohlfühlt wurde nämlich hier auch das Biertrinken auf der Straße verboten. Nur am Strand ist es erlaubt, „No Fun Zone light“ also. Im Rest des Landes würden solche Gesetze sofort mit einem Sturz des verantwortlichen Bürgermeisters geahndet. Gluecklicherweise gibts in der Region aber auch noch ein paar unberuehrte Flecken Land, die (noch) nicht mit 30 stoeckigen Pauschaltouristenbunkern bepflastert wurden. Also haben wir uns die Gründung der Beer Miliz gespart und uns einfach aus dem Staub gemacht. Nur ein paar Besatzungswechsel wurden vorgenommen: Chief Kief nahm sich Urlaub von der Streunerfront und wurde mit HairRissen alias „Der Engländer“ ersetzt. Der Engländer besticht vor allem durch seine Hartz6 Doppelrip-Badelatschen Kombo und eine überhöhte Moskitoanzugskraft. Wir waren also gut gerüstet für den Abstecher ins Reservat.

In Sian Ka’an war dann auch wieder alles so wie es sein sollte. Die Strände leer, die Leute freundlich und die Straßen schlecht. Wenn im Reiseführer schon steht, dass man am Besten ein Allrad Fahrzeug benutzt, sollte man eben nicht mit einem 4Tonnen Schneckenhaus ankommen. Deshalb wurde dann auch nach etwa der Hälfte des Weges Station gemacht und beschlossen am nächsten Tag einfach ins Dorf zu trampen. Warum wir dort hin wollten wusste keiner so recht, wir haben uns wahrscheinlich einfach schon zu viel an die völlige Sinnfreiheit gewöhnt. Gesagt getan, nach 20min Daumen raus hält bereits ein Texas Hillbilly, der seit 10Jahren dort wohnt und uns bereitwillig mit dem Hinweis „You might not get back…“ auf der Ladefläche von seinem Pickup mitnimmt. Der Cowboy bläst über den Dirttrack wie Schumi auf Koks und so haben wir nach einer knappen Stunde schon das kleine Fischerdorf erreicht. Ein kaltes Bier im Schatten und ein paar Flachköpper vom Steg später wollen wir eigentlich auch schon wieder zurück, das Problem ist nur: Außer Hunderten Krebsen ist kein Schwein auf der Straße. Man hätte also einfach in dem Ort nächtigen können, aber da ist ja noch die Sache mit der Sinnfreiheit: Wird uns schon jemand aufgabeln. Eine gute Stunde und ca. 7000 Moskitostiche später sehen wir die Sache schon anders. Der Engländer wird von Moskitos umschwärmt wie eine Jungfrau auf nem Kutter voller ausgehungerter Seemänner und auch eine Forbewegungsweise, die nach einer Mischung aus japanischer Kampfkunst und Breakdance aussieht ändert daran nichts. Verfolgt von Moskitogeschwadern marschieren wir im Endeffekt fünf Stunden bis wir gegen elf Uhr unsere Behausung erreichen. Am nächsten Tag können wir nur noch über die Aktion lachen (und unseren geschundenen Gehapparat ruhig stellen). Vier Gringos die wie von der Terantel gestochen 25km durch die nächtlichen Mangrovenwälder der Lagune hetzen……


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